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Bruchsal (Maschinenfabrik Bruchsal, vormals Schnabel&Henning)

Die Maschinenfabrik Bruchsal der Ingenieure Schnabel und Henning bezeichnete ihre Stellwerksbauformen fortlaufend von A bis K (möglicherweise auch L und M), wobei es auch z. T. erheblich Unterschiede innerhalb einer Bauform gibt. Auch stimmt die Numerierung nicht immer mit der Entwicklung überein: die Bauform C ging vor der Form B in Betrieb.

Nach unseren Erkenntnissen sind die älteren Bauformen (Bruchsal A bis D) nicht mehr existent, ebenso ist unklar, ob die Bauform E noch zu finden ist. Ein Bruchsal-Kurbelwerk (aus Petit-Rederching an der Strecke Sarreguemines-Bitche) ist im Eisenbahnmuseum Mulhouse erhalten und wird, vermutlich fälschlicherweise, von Alain Gernigon als Bauart E bezeichnet. Nach anderen Quellen handelt es sich beim Bruchsal E um eine dem späteren G-Stellwerk ähnliche Bauform.
Im sächsischen Raum sind noch Kurbelwerke unbekannter Bauart (unklar, ob Bruchsal oder Lizenzbau) vorhanden, die diesem Museumsstück ähneln, jedoch seitliche Fahrstraßenhebel aufweisen.

Bruchsal F ist uns unbekannt. Von den Bauformen G, H und J (auch als I bezeichnet) sind noch diverse Exemplare vorhanden. Die Bauform K, eine Kombination aus mechanischen (Weichen, Fahrstraßen) und elektromechanischen (Signale) Komponenten, könnte original noch in einem oder zwei Stellwerk(en) der SBB (Heerbrugg, Travers) vorhanden sein. Durch die Umrüstung vieler SBB-Bahnhöfe auf Lichtsignale wurden die dort betroffenen J-Stellwerke meist auf eine K-ähnliche Form umgebaut.

Im Elsaß und in Lothringen, die zur Zeit des "Stellwerksbooms" zu Deutschland gehörten, haben sich nennenswerte Stückzahlen von Bruchsal-Stellwerken bis in die heutige Zeit retten können. Nach und nach jedoch wurden und werden die Stellwerke und der Streckenblock durch französische Bauformen ersetzt. Im wesentlichen handelte es sich um Stellwerke der Bauformen A, E, G, J und K, von denen heute nur noch die Bauform J (die SNCF spricht vom "type Régional J ex-AL") in Betrieb steht.
Üblicherweise wurden die Weichenhebel (größtenteils in der Ausführung als Gestängeantrieb), Verschlußregister und Fahrstraßenhebel beibehalten. Signale, elektrische Festlegungen und Gleisfreimeldung sind teilweise auf französische Komponenten umgebaut bzw. nachgerüstet worden. Durch die Anpassung an die französischen Blocksysteme (z.B. BAL) sind Blocksperren oftmals nicht mehr zu finden.
Diese Umbauten sind jedoch nicht immer identisch: Bei den Stellwerken in Lutzelbourg, Saarbourg und Vendenheim wurden die Signalhebel durch französische Komponenten und Lichtsignale ersetzt, in (Strasbourg-) Bischheim wurden im Stellwerk 1 die Signalhebel und teilweise die Formsignale beibehalten. Noch genauer zu klären ist der Status einiger anderer Stellwerke (z. B. Rothau, Schirmeck-Labroque, Urmatt), bei denen offensichtlich die alten Signalhebel beibehalten wurden, jedoch in der Außenanlage nur noch Lichtsignale aufgestellt sind. Da wir die letztgenannten Stellwerke noch nicht besichtigt haben, können wir noch keine endgültige Klassifizierung vornehmen.

Bruchsal-Stellwerke wurden auch in Lizenz hergestellt, wie z. B. die bayerischen Krauss-Stellwerke oder in der Schweiz von der Signum AG in Wallisellen. Nach Sachsen gelieferte Bruchsal-Stellwerke weisen oftmals, aber nicht immer, die dortigen Besonderheiten auf, wie z. B. Hebelgrundstellung unten, Knauf am Hebelende oder die Kombination mit dem sächsischen Bahnhofsblock.
Die bayerischen Bauformen lassen sich teilweise nicht in das Schema einordnen, beispielsweise verfügt das Befehlsstellwerk in Lampertsmühle-Otterbach sowohl über ein Kurbelwerk, als auch über Weichen- und Zustimmungshebel (was prinzipiell dem Typ G/H entspricht), jedoch ist das Verschlußregister hintenliegend und damit Typ J. Der Lizenzhersteller Krauss hat für solche kombinierten Stellwerke stets das dem Typ G entsprechende Verschlußregister verwendet.

Ein relativ untrügliches Erkennungsmerkmal für Bruchsal- und Lizenz-Stellwerke sind die eingefaßten Schilder für Weichen und Signale.

Bruchsal Kurbelwerke
Nicht in die Numerierung passen die diversen von Bruchsal gefertigten Kurbelwerke. Diese Kurbelwerke wurden in zwei Varianten hergestellt: Kurbelwerke mit und ohne (seitliche) Fahrstraßenhebel. Beim Kurbelwerk ohne Fahrstraßenhebel werden die Abhängigkeiten beim Betätigen der Signalkurbel hergestellt, beim Kurbelwerk mit Fahrstraßenhebel entspricht die Bedienung den "normalen" Stellwerken.
[Stellwerk Petit-Rederching]
Kurbelwerk Petit-Rederching ohne Fahrstraßenhebel im Eisenbahnmuseum Mulhouse

Bruchsal A
Beim Stellwerk der Bruchsal A handelt es sich im wesentlichen um den Nachbau englischer Vorbilder (Saxby). Zum Einsatz kommen Langhebel, deren Drehpunkt unterhalb des Fußbodens liegt. Das Verschlußregister ist senkrecht hinter den Hebeln angeordnet. Bei dieser frühen Bauform sind keine speziellen Fahrstraßenhebel vorhanden. Die Weichen werden direkt durch den jeweiligen Signalhebel verschlossen. In der Ausführung als reines Rangierstellwerk wird auf das Verschlußregister verzichtet. Im Buch von Palm über Schweizer Stellwerke ist das Foto eines entsprechenden Rangierstellwerks abgebildet.

[Bruchsal A] [Bruchsal A]
(Zeichnungen aus "Handbuch der Ingenieurwissenschaften")

Bruchsal B
Das erste Stellwerk dieser Bauart wurde 1882 in Kaiserslautern installiert. Es gab zunächst keinen gesonderten Fahrstraßenhebel, dieser wurde erst bei späteren Ausführungen eingebaut. Die Signale sind als Kurbeln, die Weichen als Langhebel ausgeführt. Wird das Signal gestellt, drehen die Seilzüge eine Seilrolle mit, die mit einer Kulissenführung ausgestattet ist (auf dem Bild unten mit a und b gekennzeichnet). Diese Kulissenführung verschiebt die zugehörige Fahrstraßenschubstange (c). Die Schubstange greift wiederum in Scheiben ein, die unterhalb der Weichenhebel angebracht sind. Zu einem Weichenhebel gehören drei nebeneinander liegende Scheiben. Durch Anziehen der Handfalle verdrehen sich die Scheiben und verdecken damit einen Ausschnitt, in den sonst die Verschlußstücke der Fahrstraßenschubstange eingreifen können.

Der Apparat B ist nur für kleinere Bahnhöfe bzw. Stellbereiche geeignet, da die Zahl der Verschlußlineale begrenzt ist. Für größere Anlagen bestand die Möglichkeit, eine Kombination aus den Typen A und B zu bauen.

[Bruchsal B]
(Zeichnung aus "Handbuch der Ingenieurwissenschaften")

Bruchsal C
Das Stellwerk dieser Bauart wurde erstmals 1880 gebaut und im wesentlichen für Bahnhöfe der Gotthard-Bahn ausgeführt. Die Weichenhebel sind einfache zweiarmige Hebel mit Gegengewicht (und daher ohne Handfalle). Die Signalhebel sind als Umschlaghebel für Doppeldrahtzug ausgebildet und nach zwei Seiten umlegbar. Erstmals wurde hier eine besondere Fahrstraßenschubstange angeordnet, die vor dem Umlegen des Signalhebels bewegt werden mußte. Die Weichenhebel waren mit Bogenstücken versehen, die entsprechende Ausschnitte für die Fahrstraßenschubstange besaßen.

[Bruchsal C]
(Zeichnung aus "Handbuch der Ingenieurwissenschaften")

Bruchsal G
Die mechanischen Stellwerke der Bauart Bruchsal G haben ein offenes, senkrechtes Verschlußregister. Die Fahrstraßenschubstangen bewegen sich horizontal, an den Hebeln sind senkrechte Schieber (die dem Verschlußbalken entsprechen) angebracht. Die Abhängigkeit wird mit Verschlußknöpfen hergestellt, die auf den senkrechten Schiebern angebracht sind und sich in Aussparungen der Fahrstraßenschubstange bewegen (oder umgekehrt an die Fahrstraßenschubstange anstoßen und damit ein Umstellen des Hebels verhindern). Der Bahnhofsblock ist im allgemeinen als mechanischer Bahnhofsblock (Kugelblock) ausgebildet. Reine Befehlsstellwerke sind nur als Kurbelapparat, Endstellwerke (Wärter) mit Fahrstraßen-, Weichen- und Signalhebeln ausgeführt.

Teilweise wurden, wie z. B. in Grünstadt (Weinstraße) elektrische Fahrstraßenfestlegungen nachgerüstet, um ein unzeitiges Zurücklegen des Fahrstraßenhebels (Signal auf Halt und Befehlsrücknahme durch Fahrdienstleiter) zu verhindern.
Umbauten und Nachrüstung des Streckenblocks haben zu interessanten Mischformen geführt, wie z. B. in Bad Dürkheim, wo neben den eigentlichen Bruchsal G-Komponenten auch Einheitsfahrstraßenhebel und Blocksperren des Typs Bruchsal J zu finden sind.
Das Wärterstellwerk in Durmersheim verfügt über ein Verschlußregister des Typs G, die Fahrstraßenhebel und Blocksperren sind Typ J, die Seilscheiben der Weichenhebel sind teilweise aus Einheitskomponenten umgebaut. Eine solche Mischbauform G/J findet sich auch in Coswig (Anhalt) und Forst (Lausitz). In den dortigen Unterlagen werden die Stellwerke jedoch als Bauform "Schnabel&Henning" und nicht als Bruchsal geführt.

[Stellwerk Grünstadt]
Fahrdienstleiterstellwerk in Grünstadt (reines Befehlswerk)

[Stellwerk Winden Wn]
Wärterstellwerk Wn in Winden

[Bruchsal G-el. Festlegung] Bei Stellwerken mit elektrischem Bahnhofsblock haben sich zwei Varianten herausgebildet:
Ursprünglich wurden, wie auf dem Bild links zu sehen ist, Fahrstraßenhebel ähnlich dem Bruchsal/Stahmer-Befehlswerk verwendet. Diese können nach links bzw. rechts umgestellt werden. Bei anderen Stellwerken wurden später die Fahrstraßenhebel der Bauart Bruchsal J eingesetzt. (Foto: Matthias Dörfler)

Bruchsal G (Sächsische Ausführung)
Die sächsischen Bruchsal G-Stellwerke unterscheiden sich in zwei wesentlichen Merkmalen von den restlichen Bruchsal G-Stellwerken. So befindet sich oft, wie bei vielen anderen sächsischen Stellwerken auch, die Grundstellung der Weichen- und Signalhebel unten. Der Bahnhofsblock ist als elektrischer Block ausgebildet. Die Fahrstraßenhebel entsprechen von der Bewegungsrichtung her (oben/unten) den meisten anderen Bauformen, die Form der Hebelgriffe unterscheidet sich jedoch deutlich von denen der restlichen Bruchsal-Stellwerke. Aufgrund der Besonderheiten des sächsischen Bahnhofsblocks sind zudem zusätzliche Signalverschlußhebel vorhanden.

[Stellwerk Sebnitz]
Fahrstraßen- und Signalverschlußhebel in Sebnitz (Sachs)

Bruchsal H
Während der Typ G für größere Bahnhöfe mit mehreren Stellwerken gedacht war, wurde der Typ H für kleinere Bahnhöfe mit einem Stellwerk entwickelt. Er kombiniert das Kurbelwerk (für die Signale) mit der Hebelbank für die Weichen. Nach wie vor ist das senkrechte Verschlußregister offen sichtbar.

[Stellwerk Hoffenheim]
In Hoffenheim mußte das Stellwerk mit der Einführung des Streckenblocks zwischen Meckesheim und Sinsheim umgebaut werden: die Kurbeln für die Signale wurden abmontiert, stattdessen wurden Signalhebel nachgerüstet. Die Abhängigkeit zum Streckenblock wird über Schlüssel bzw. Elektrik realisiert.

Bruchsal J
Der Typ J kommt dem Einheitsstellwerk schon relativ nahe. Das bisher senkrechte Verschlußregister ist einem hinter den Weichenhebeln liegenden waagerechten Verschlußregister gewichen. Sofern Bahnhofsblock vorhanden ist, kann dieser mechanisch (Kugelblock) oder auch blockelektrisch realisiert sein. Ersteres ist beispielsweise in Lampertsmühle-Otterbach, letzteres in Meckesheim zu finden.
Da Bruchsal recht innovationsfreudig war und der Typ J in großen Stückzahlen hergestellt wurde, sind bei den einzelnen Stellwerken diverse Unterschiede erkennbar. Auffälligstes Merkmal dürften die verschiedenen Seilscheiben der Weichenhebel darstellen. Eine weitere Unterscheidung in J-alt und J-neu betrifft Verschlußbalken bzw. Verschlußwellen der Signalhebel und wurde von uns bislang noch nicht näher untersucht.

[Stellwerk Meckesheim]

Typisch für Bruchsal J sind (sofern vorhanden) die blanken Blocksperren, die auf dem nächsten Bild sichtbar sind:
[Stellwerk Meckesheim]

Bruchsal J mit Kurbelwerk
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, existiert in Lampertsmühle-Otterbach noch ein kombiniertes Hebel-/Kurbelwerk ähnlich dem Bruchsal H, jedoch mit dem Verschlußregister des Typs J. Die folgende Detailaufnahme zeigt das Kurbelwerk mit den Fahrstraßenhebeln, Signal- und Befehlskurbeln. Das Stellwerk verfügt über eine Belegtabhängigkeit (verhindert mehrmalige Einfahrten in das gleiche Gleis), die ein typisches Merkmal bayerischer Stellwerke ist:
[Stellwerk Lampertsmühle]

Bruchsal J/MU
In der Einleitung wurde auch Bezug auf die teilumgebauten Bruchsal J-Stellwerke der SNCF genommen. Die nachfolgende Aufnahme zeigt eine Teilansicht der Hebelbank in Vendenheim nördlich Strasbourg. Deutlich sind kleinen MU-Hebel zu sehen, sowie die teilweise vor der Hebelbank liegenden Fußtaster, die eine der Hebelsperre ähnliche Funktion haben. Das Stellwerk verfügt noch über Gestängeweichen.
[Stellwerk Vendenheim]

Bruchsal K
Stellwerke dieses Typs sind im wesentlichen mit dem Typ J identisch. Für die elektrisch gestellten Signale werden jedoch keine Hebel auf der Hebelbank verwendet, sondern den Fahrstraßenhebeln entsprechende Hebel. Diese sind neben den Fahrstraßenhebeln, ggf. mit einigen Leerplätzen dazwischen, angeordnet. Der Bahnhofsblock kann als Gleich- oder Wechselstromblock ausgeführt sein. Dadurch variiert ggf. die Anordnung der Hebel. In der Schweiz wurden viele Bahnhöfe mit Formsignalen auf Lichtsignale umgerüstet. Dabei wurden die J-Stellwerke in einen dem K-Typ ähnlichen Zustand umgebaut.

[Bruchsal K]
(Zeichnung aus "Handbuch der Ingenieurwissenschaften")

Befehlswerk Bruchsal, Bruchsal/Stahmer
Das Bruchsal-Befehlswerk für den elektrischen Bahnhofsblock unterscheidet sich vom Siemens-Befehlswerk vor allem durch das Aussehen der Befehlshebel. Die gleichen Hebel kommen auch bei Bruchsal G-Wärterstellwerken mit elektrischem Bahnhofsblock zum Einsatz. Die folgende Aufnahme stammt aus Armsheim in Rheinhessen. Das Befehlswerk wurde 1930 nach der Vereinigung von Bruchsal und Stahmer gebaut, so daß nicht ganz klar ist, ob Stahmer früher eigene Befehlswerke im Angebot hatte.

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Holger Kötting